Titelthema CREM
Interview zur Autorisierung
Mittelständische Unternehmen stehen ebenso wie die großen Corporates vor der Frage: Wie mache ich meine Immobilien fit für den Strukturwandel? Im Gegensatz zu den Großen haben sie aber meist keine eigene Abteilung für das Corporate Real Estate Management. Über die Strategien sprach immobilienmanager mit Rüdiger Schneider, Sprecher des Chapters Südwest von Crenet Deutschland e. V. und geschäftsführender Gesellschafter der aconsea GmbH.
Im: Welche Aspekte des Strukturwandels spielen für die mittelständischen Crenet-Mitgliedsunternehmen eine besondere Rolle?
Rüdiger Schneider: Die Automatisierung von Produktionsprozessen, die zunehmende Bedeutung des 3-D-Drucks, aber auch die Mitarbeiterbindung und -gewinnung sind wichtige Punkte, die sich auf die Immobilienstrategie auswirken.
Im: Wie agieren Mittelständler beim Thema Mitarbeiter?
Rüdiger Schneider: Der Bereich Wohnen gewinnt an Bedeutung, obwohl diese Immobilien nichts mit dem Kerngeschäft zu tun haben. Aber ein Unternehmen, das eigene Wohnungen hat, kann sie bevorzugt an Mitarbeiter vermieten. Da inhabergeführte Mittelständler einen längeren Planungshorizont haben als die großen Corporates, müssen sie mit ihren Immobilien auch nicht sofort Geld verdienen. Die Flächen haben zunächst einmal unterstützende Funktion.
Im: Und wie sieht es bei der Gestaltung der Arbeitswelten aus?
Rüdiger Schneider: Bei der Ausstattung der Arbeitsplätze agieren viele noch nicht so professionell. Da besteht viel Optimierungspotenzial. Andererseits gibt es auch Mittelständler wie Trumpf, die das Bauen als Kulturaufgabe sehen und über ihre Gebäude auch Personalakquise betreiben.
Im: Lassen Sie uns zu den Produktionsimmobilien kommen. Welche neuen Anforderungen sehen Sie dort?
Rüdiger Schneider: Die Produktionsprozesse werden agiler und schneller. So entscheiden sich manche Unternehmen gegen den Kauf einer großen Produktionsanlage und für mehrere kleinere Anlagenmodule. Denn mit ihnen lassen sich Änderungen schneller umsetzen, und sie bieten eine höhere Ausfallsicherheit. Das spiegelt sich dann auch in den Anforderungen an die Immobilien wieder: Sie müssen flexibel sein, also „Verfügungsgebäude“, die als Plattform für unterschiedliche Nutzungsprozesse geeignet sind. Von hochspezialisierten Gebäuden werden wir uns verabschieden müssen.
Im: Welchen Einfluss hat der 3-D-Druck?
Rüdiger Schneider: Die Produktion kann in die Stadt zurückkehren, denn einmal vom Lieferverkehr abgesehen entsteht dabei kein Lärm. Der 3-D-Druck benötigt auch keine großen Produktionsflächen. Die Wertschöpfung wandert also dorthin, wo die Produkte verwendet werden. Da es einen Drang in die Städte gibt, wird es immer wichtiger, sich dort Standorte zu sichern. Und weil wir nun schon lange Jahre mehr keine Krise als Regulativ hatten, sind kaum noch Flächen auf dem Markt.
Im: Und das schlägt sich dann in den Mietverträgen nieder?
Rüdiger Schneider: Es erhöht die Bereitschaft, mehr Miete zu bezahlen.
Im: Wie hoch schätzen Sie den Veränderungsbedarf bei den existierenden Mittelstands-Immobilien ein?
Rüdiger Schneider: Aus unseren Gesprächen habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Situation nicht so dramatisch ist wie in der ZIA-Studie dargestellt. Redevelopment ist dort nötig, wo Gebäude zu kleinkariert geplant wurden – Raumhöhen und Flächenreserven sind die Stichworte. Aber den Abriss veralteter Gebäude kann sich kaum einer leisten, denn es fehlen Ausweichflächen. Wir werden immer mehr zu einer additiven Ästhetik kommen: zu Gebäuden, in denen zum Beispiel Leitungen nicht mehr verputzt werden, weil sich die Anforderungen so schnell verändern. Die notwendigen Konzepte müssen ergebnisoffen entwickelt werden. Oft ist keine Veränderungen am Gebäude, sondern eine z.B. in der Organisation die bessere Lösung.
Im: Wie entwickelt sich die Bereitschaft zu Sale-and-Lease-Back-Transaktionen?
Rüdiger Schneider: Nach dem IFRS-Standard muss Leasing schneller in der Bilanz aktiviert werden. Gerade für inhabergeführte Unternehmen ist es daher nicht mehr so attraktiv. Dazu kommt, dass Entscheidungen viel schneller getroffen werden können, wenn die Objektgesellschaften der Immobilien in derselben Hand sind wie das Unternehmen. Zudem haben diese Unternehmen einen langfristigen Horizont. Für sie gilt oft das Motto: „Das Geld wird in der Firma verdient, das Vermögen wird mit den Gebäuden gemacht.“
Im: Gibt es Veränderungen bei der organisatorischen Struktur des CREM?
Rüdiger Schneider: Es lässt sich feststellen, dass es mehr interne Spezialisten gibt, die die Objektgesellschaften betreuen und Dienstleister steuern. Es findet ein Insourcing statt, weil man selbst in der Lage sein will, auch die technische Seite zu beurteilen.